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Notfälle in den Frankfurter Drogenkonsumräumen – Strategien in der Überlebenshilfe

Dieses Forschungsprojekt basiert auf einer quantitativen und qualitativen Querschnittsstudie „Notfälle in den Frankfurter Drogenkonsumräumen – Strategien in der Überlebenshilfe", die im Dezember 2020 vom Frankfurter Institut für Suchtforschung durchgeführt wurde. Der Studie liegt eine erweiterte statistische Analyse der Notfalldaten der Frankfurter Drogenkonsumraum-Dokumentation (DKD) des Jahres 2019 zugrunde. In den vier Frankfurter Drogenkonsumräumen ist eine fortlaufende Dokumentation und Evaluation des Betriebes gesetzlich vorgeschrieben. Bei jedem Konsumvorgang werden daher Konsumdaten gespeichert, und pseudonymisierte KlientInnen- und Gesundheitsdaten zu den NutzerInnen erfasst. Eine weitere Datei enthält die dokumentierten Notfälle. Seit 2003 werden diese Nutzungsdaten zentral über das Computersystem „Kontext" dokumentiert und anschließend jährlich vom ISFF statistisch ausgewertet. Dieser Datensatz wurde hinsichtlich der drogeninduzierten Notfälle ausgewertet. Als Notfall bezeichnen wir im Folgenden „ein plötzlich eingetretenes Ereignis, das eine unmittelbare Gefahr für Leben und Gesundheit des Patienten bedeutet. Die vitalen Funktionen sind durch Verletzung oder akute Erkrankung bedroht, gestört oder ausgefallen" (12). Die statistische Analyse bezieht Art, Ort und Schwere der Überdosierung, die soziodemographischen Charakteristika der Notfallopfer und die, bei Auftreten der Überdosierung, involvierten Substanzen und Applikationsformen mit ein.

Da in den Frankfurter Drogenkonsumräumen pro Konsumvorgang die konsumierte Substanz registriert wird, wurde ein Vergleich des Konsum- und Notfallverhältnis bei den einzelnen Substanzen durchgeführt. Ziel war es zu erfahren, ob jene Substanzen, die sehr häufig konsumiert werden, auch sehr häufig zu Notfällen führen, oder ob vielmehr selten konsumierte Substanzen vergleichsweise häufig bei Drogennotfällen involviert sind. Um diese Frage zu beantworten, wurden 182.088 Konsumvorgänge ausgewertet und mit 348 Notfällen verglichen. Bei dieser Untersuchung wurden Signifikanztests durchgeführt, und es wurde das Assoziationsmaß Phi berechnet. Dazu wurden die Variablen dichotomisiert. Signifikanztests belegen mathematisch, ob ein festgestellter Unterschied bei einer Fragestellung auf Zufalls­schwankungen beruht. Je kleiner der im Text angegebene p-Wert ist, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich nicht um ein Zufallsergebnis handelt. Wenn der p-Wert = 0,05 ist, liegt eine 95%ige Wahrscheinlichkeit vor, dass das Ergebnis kein Zufallsergebnis ist; entsprechend bedeutet der p-Wert = 0,01 eine 99%ige Wahrscheinlichkeit und der p-Wert = 0,001 eine 99,9%ige Wahrscheinlichkeit. Das Assoziationsmaß Phi ist eine statistische Kennziffer, die wiedergibt, wie stark die Korrelation bzw. der Zusammenhang zwischen zwei dichotomen Variablen ist.  Phi kann Werte von -1 bis +1 annehmen. Je näher der Wert bei 0 liegt, umso geringer ist der gemessene Zusammenhang.

Grundsätzlich kann in Drogenkonsumräumen zwischen drogenindizierten und nicht-drogeninduzierten Notfällen unterschieden werden. Drogenbedingte Notfälle, wie beispielsweise Überdosierungen oder psychiatrische Beschwerden in Folge kompulsiven Kokainkonsums, werden über die Drogenkonsumraumdokumentation standardisiert dokumentiert. Nicht-drogenbedingte Notfälle fließen in die Dokumentation hingegen nicht ein und können lediglich über die Schichtbücher der einzelnen Drogenkonsumräume nachvollzogen werden. Die Schichtbücher dienen der Kommunikation und Informationsweitergabe innerhalb des Teams von Drogenkonsumräumen und enthalten Informationen zu besonderen Vorfällen, alltäglichen Problemen und auffälligen NutzerInnen sowie zahlreiche Informationen zu den medizinischen Interventionen in Drogenkonsumräumen. Aus diesem Grund wurden die einrichtungsinternen Schichtprotokolle des größten Frankfurter Drogenkonsumraums in der Niddastraße aus dem Jahr 2019 zusätzlich digitalisiert und sowohl qualitativ als auch quantitativ ausgewertet.

Laufzeit: 2020-21

Leitung: Prof. Dr. Heino Stöver

Mitarbeitende: Dipl. Soz. Stefan Förster, Maike Sinead O'Reilly

Berichte: Abschlußbericht und Veröffentlichungen

Förderung: Eigenmittel

Im WiSe 2021/22 startet der Master-Studiengang "Suchttherapie und Sozialmanagement in der Suchthilfe M.A." an der Frankfurt University of Applied Sciences.

E-learning on prison health are offered under: HarmReduction.eu

Der jährlich erscheinende "Alternative Drogen- und Suchtbericht" wird u.a. mit Mitarbeiter*innen des ISFF als mitverantwortliche Redakteur*innen erstellt. Unter  alternativer-drogenbericht.de können Sie die kompletten Berichte einsehen und herunterladen.
Aktuell ist der 9. Alternativer Drogen- und Suchtbericht 2022

Zentrale WebredaktionID: 6595
letzte Änderung: 11.05.2021