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Verkehrswissenschaftliche Perspektive auf Sperrung der Salzbachtalbrücke (A66)

Ergebnisse der Online-Befragung des ReLUT: Personen mussten Wege und teils genutzte Verkehrsmittel ändern/durchschnittliche Fahrzeit um 50 Prozent angestiegen

Frankfurt am Main, 10. Dezember 2021. Die Sperrung der Salzbachtalbrücke (A66) stellt einen wesentlichen Eingriff in das tägliche Verkehrsgeschehen und damit in das Mobilitätsverhalten tausender Bürgerinnen und Bürger im Rhein-Main-Gebiet dar. Rund 80.000 Kraftfahrzeuge passierten die Brücke täglich bis zur Sperrung. Von der Sperrung sind außerdem die unter der Brücke liegende Mainzer Straße sowie die Bahngleise zum Hauptbahnhof Wiesbaden betroffen.  Dieses Verkehrsaufkommen muss nun anderweitig abgewickelt werden und stellt den Straßenverkehr und den Öffentlichen Personennahverkehr im Rhein-Main-Gebiet vor große Aufgaben. Diese Situation hat Prof. Dr.-Ing. Petra K. Schäfer, Professorin für Verkehrsplanung am Fachbereich Architektur, Bauingenieurwesen, Geomatik der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS), zum Anlass für eine verkehrswissenschaftliche Studie genommen. Ziel war es, die Veränderungen im Mobilitätsverhalten zu evaluieren, die durch dieses Ereignis hervorgerufen wurden und werden: Wie sind die Menschen vor der Sperrung unterwegs gewesen? Welche Änderungen haben sich durch die Verkehrsbehinderungen ergeben? Wie planen die Menschen künftig ihre täglichen Wege zurückzulegen? Ergebnis: Eine große Anzahl an Personen musste ihre Wege und teilweise die genutzten Verkehrsmittel ändern. Die durchschnittliche Fahrzeit ist sowohl für den Hinweg als auch für den Rückweg um 50 Prozent angestiegen.

Das Team des Research Lab for Urban Transport (ReLUT) an der Frankfurt UAS um Schäfer entwickelte eine Online-Befragung, an der insgesamt mehr als 1.300 Menschen aus dem Rhein-Main-Gebiet teilgenommen haben. Davon konnten für die Auswertung mehr als 1.100 Datensätze der Teilnehmer/-innen herangezogen werden, die direkt oder indirekt von der Sperrung betroffen waren. Es handelt sich um keine repräsentative Befragung. Die Befragten sind zu 51 % männlich und zu 49 % weiblich. Der Großteil der Befragten ist zwischen 20 und 60 Jahren alt (90 %). Am stärksten vertreten war die Altersgruppe 50 bis 59 Jahre mit etwa 33 %. Mit 73 % sind die meisten Befragten Vollzeit erwerbstätig. Als Hauptzweck der Fortbewegung wurde die Fahrt zum Arbeitsplatz angegeben (68 %). Auf Dienstfahrten entfielen 10 %, auf Einkaufsfahrten 5 %, auf Fahrten zu Bildungseinrichtungen 3 % und auf sonstige Fahrten 13 %. Bei Letzteren handelt es sich größtenteils um private Fahrten in der Freizeit bzw. für Besuche von Familie und Bekannten. Die meisten Fahrten werden zwischen Montag und Freitag zurückgelegt.
 
Das Mobilitätsverhalten ist bei fast 70 Prozent der befragten Personen direkt betroffen, da sie normalerweise über die Salzbachtalbrücke, über die Mainzer Straße oder zum Hauptbahnhof Wiesbaden fuhren. 25 Prozent der Befragten sind indirekt betroffen, da durch die Sperrung mehr Verkehr auf ihren Strecken herrscht. Die restlichen fünf Prozent sind nicht von der Sperrung betroffen.

„Dies zeigt, dass eine große Anzahl an Personen, ihre Wege und teilweise die genutzten Verkehrsmittel ändern musste. Rückschlüsse auf das geänderte Mobilitätsverhalten bringen die Fragen nach der Verkehrsmittelwahl und den Wegen. Hinsichtlich der genutzten Verkehrsmittel zeigten sich Verschiebungen zwischen dem Öffentlichen Personenverkehr und dem Motorisierten Individualverkehr“, so Schäfer. Die größten Einbußen sind im Bahnverkehr zu verzeichnen. Bei den befragten Personen ist die Verwendung von Zügen um 45 Prozent gesunken. Die Nutzung des Pkw ist während der Sperrung leicht gesunken. Grund dafür könnte der allgemeine, durch die Sperrung ausgelöste, Rückgang an Fahrten sein. Von den befragten Personen wurden vor der Sperrung am häufigsten die Salzbachtalbrücke (A66) und der Hauptbahnhof genutzt. Während der Sperrung hingegen werden am häufigsten die Berliner Straße und andere Wege genutzt, z.B. indem Wiesbaden über unterschiedliche Wege umfahren wird. Die durchschnittliche Fahrzeit ist sowohl für den Hinweg als auch für den Rückweg um 50 Prozent angestiegen.

Rund 60 Prozent der Befragten gaben an, keine Alternativen zu nutzen, um die Sperrung zu kompensieren, größtenteils, weil sie es nicht konnten oder wollten, teilweise aber auch, weil es nicht notwendig war. Die Personen, die angaben, Alternativen zu nutzen, kompensieren die Sperrung größtenteils durch die Arbeit im Homeoffice.

„Insgesamt zeigten sich die befragten Personen weniger zufrieden mit den von ihnen während der Sperrung genutzten Verkehrsmitteln. Nur sieben Prozent aller Befragten planen, ihr geändertes Mobilitätsverhalten beizubehalten oder zukünftig ganz anders unterwegs zu sein“, fasst Schäfer zusammen.

Bezüglich der Informationslage im Straßen- und Öffentlichen Verkehr zeigte sich, dass sich die Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmer zunächst nicht ausreichend informiert fühlten. Dies änderte sich im weiteren Verlauf der Sperrung. Als Informationsquelle wurde von den meisten Personen das Internet verwendet, gefolgt von Social Media, Radio, Zeitung/Printmedien sowie Freunde, Verwandte und Kolleginnen und Kollegen. Am stärksten vermisst wurden Informationen über Alternativrouten und Umleitungen sowie Fahrplanänderungen und Zugausfälle.

Der gesamte Bericht zur Befragung kann unter www.relut.de eingesehen werden.

Kontakt

Frankfurt University of Applied Sciences
Fachbereich 1: Architektur • Bauingenieurwesen • Geomatik
Prof. Dr.-Ing. Petra K. Schäfer
Telefon: +49 69 1533-2797
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