Innovationsvorhaben
KI-basierte Lösungen im Finanzwesen
Prof. Dr. Simon möchte im Rahmen seiner Innovationsprofessur neue Werkzeuge entwickeln, um Klimarisiken in Anlage- und Kreditportfolien robust identifizieren und quantifizieren zu können. Gegenwärtig sind die Modellrechnungen mit einem enormen Rechenaufwand verbunden und entsprechend kostenintensiv, was einem Praxiseinsatz entgegensteht. Sein Ziel ist es, KI-basierte Ansätze zu erforschen, welche den Ressourcenbedarf signifikant reduzieren können. Hierzu plant er u.a. folgende Maßnahmen:
- Entwicklung und Validierung von Algorithmen an hochschuleigener Infrastruktur für KI-Forschung
- Pilotphase und dezentrale Nutzung der resultierenden Lösung bei den Unternehmenspartnern
Das Innovationsvorhaben wird in Kooperation mit Prof. Dr. Jörg Schäfer (FB 2), Prof. Dr. Heikki Haario, Prof. Dr. Lassi Roininen (beide LUT, Finnland) und den Industriepartnern GLS Bank und right. based on science durchgeführt.
Im Gespräch mit Prof. Dr. Martin Simon
Herr Simon, was machen Sie in Ihrer Innovationsprofessur?
In meiner Forschung geht es um den Klimawandel. Nach wie vor werden weltweit viel zu große Mengen an CO2 und anderen klimaschädlichen Gasen emittiert. Die Europäische Kommission hat die Finanzindustrie als Akteurin mit einem einzigartigen Hebel identifiziert, dem entgegenzuwirken. Hintergrund ist, dass Banken und Asset Manager enorme Vermögenswerte verwalten. Die durch den Klimawandel notwendig gewordene Transformation kann nur durch gezielte Investitionen dieser Vermögenswerte in Unternehmen finanziert werden, deren Handeln kompatibel ist mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens. Diese Unternehmen zu identifizieren, ist jedoch eine große Herausforderung. Es stellt sich insbesondere die Frage nach geeigneten Metriken, um diese Kompatibilität zu messen. Das Ziel dabei ist, Vergleichbarkeit herzustellen: So sind naturgemäß z.B. die Emissionen eines Automobilkonzerns höher als die eines IT-Unternehmens – das sagt aber nichts darüber aus, wie weit das jeweilige Unternehmen vom Pariser Klimaziel entfernt ist.
Der Frankfurter Klimadaten- & Softwareanbieter right. based on science hat eine solche Metrik entwickelt, deren Ergebnis eine Temperatur in Grad Celsius ist. Diese Zahl zeigt die durchschnittliche Temperaturerhöhung im Jahr 2050 an, wenn die weltweite Industrie im selben Maße Emissionen generieren würde, wie das untersuchte Unternehmen oder Portfolio. Um diese Gradzahl zu ermitteln, wird ein komplexes physikalisches Klimamodell verwendet. Dieses physikalische Klimamodell für viele tausend mögliche Zukunftsszenarien zu berechnen, um der inhärenten Unsicherheit Rechnung zu tragen, ist zwar konzeptionell der richtige Weg, für den Praxiseinsatz in der Industrie aber zu rechenzeit- und somit kostenintensiv. Hier setzt mein Innovationsvorhaben an. Mit Hilfe von neuronalen Netzen wollen wir die Rechnungen beschleunigen und somit die Kosten senken.
Sie haben eine Grafikkarte als Symbol für Ihr Innovationsprojekt mitgebracht. Warum?
Nun, um diese Beschleunigung zu erreichen, müssen wir die neuronalen Netze „trainieren“. Dieser Trainingsprozess ist so aufwendig, dass man dafür auf spezielle Hardware wie diese Beschleunigerkarte zurückgreift. An der Hochschule wurde gerade eine Förderung über eine Million Euro eingeworben, um ein Cluster aus vielen solcher Karten aufzubauen. Diese Hardware werden wir verwenden, um gemeinsam mit den beteiligten Praxispartnern ein leistungsfähiges, kosteneffizientes Steuerungstool für Banken und Asset Manager zu entwickeln.
Welchen guten Beitrag für die Gesellschaft kann das Projekt leisten?
Der Klimawandel ist die Herausforderung unserer Zeit, und das Zeitfenster für 1,5 Grad schließt sich schnell. Mein Projekt liefert transparente Steuerungstools, damit die Finanzindustrie zielgerichtet investieren, Klimarisiken aussteuern und ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nachkommen kann.
Wie groß ist das Interesse der Industrie an solch einem Tool?
Das Interesse ist groß, natürlich auch, weil es regulatorisch vorangetrieben wird. Das Thema ist nicht mehr nur Kür, sondern zunehmend Pflicht. Sie müssen zudem bedenken: Klimarisiken sind finanzielle Risiken. Es ist also im Urinteresse der Finanzindustrie, diese Risiken zu messen und auszusteuern.
Was bedeutet das Projekt persönlich für Sie?
Das ist der Beitrag, den ich als Wissenschaftler zur Eindämmung des Klimawandels liefern kann. Dies zu tun, sehe ich auch als Verpflichtung gegenüber meinen Kindern. Ich bin sehr dankbar dafür, dass die Hochschule mich in diesem Engagement unterstützt.
Vielen Dank für das Gespräch!