Afghanische Grenzen
Torkham Gate und seine Bedeutung für das Leben von flüchtenden Männern und Frauen aus Afghanistan
Als die Taliban im August 2021 die Macht in Afghanistan übernahmen, war Sajia Behgam Amin gerade auf dem Weg zum Flughafen in Kabul. So erlebte sie aus nächster Nähe, wie einfach es für die Terrorgruppe war, der Regierung die Kontrolle zu entziehen. Gleichzeitig beobachtete sie, wie die Nachbarländer Afghanistans ihre Grenzen schlossen und somit eine Flucht für Betroffene nahezu unmöglich machten. Geprägt durch diese Erfahrungen begann sie, sich wissenschaftlich mit dem Feld der Border Studies zu beschäftigen.
Weitgehend eurozentristisch
Die aktuellen Debatten in den Border Studies werden derzeit nahezu ausschließlich aus einem westlichen Blickwinkel geführt. Nur sehr wenige Publikationen befassen sich mit der asiatischen Perspektive, Artikel über Zentralasien oder Afghanistan gibt es keine. Dabei könnten gerade die Entwicklungen in Afghanistan paradigmatisch für die Grenzforschung sein und eurozentristische Ansichten in Frage stellen. Zentral dafür sind Fragen nach Identität, Territorium, Staatenbildung, Selbstbild und Gruppenidentitäten.
Grenzmechanismen identifizieren
In ihrer Dissertation möchte Sajia Behgam Amin jene Grenzmechanismen ausfindig machen, mit denen die afghanische Bevölkerung ausgeschlossen, verdrängt und dem Taliban-Regime überlassen wurde. Sie überprüft die Hypothese, dass nicht nur die Schwäche der Regierung zur Machtergreifung führte, sondern auch technisch ausgereifte Mechanismen, die eine Grenzüberquerung für Schutzsuchende erschweren. Dafür bindet sie Berichte von Betroffenen ein, die Afghanistan verlassen haben, sich in Pakistan im Übergang befinden oder immer noch auf ihre Abreise hoffen.