Forschungskolloquium „Gender to Go“ am Gender- und Frauenforschungszentrum der Hessischen Hochschulen
Genderbezogene Themen werden an hessischen Hochschulen für Angewandte Wissenschaften vielfältig beforscht. Darunter gibt es Forschungsrichtungen, die eine langjährige Tradition aufweisen und sehr forschungsstark vertreten sind, und andere, die erst in den letzten Jahren hinzugekommen sind. Ebenso findet Gender- und Frauenforschung in den jeweiligen Fachbereichen unserer Hochschulen ganz unterschiedlich statt: Während etwa in der Sozialen Arbeit sehr viele Forschungsprojekte mit einem expliziten Genderbezug durchgeführt werden, nehmen andere Fächer etwa aus dem MINT-Bereich noch eine randständige Position ein. Alle vereint jedoch die Suche nach Antworten auf Fragen der Wirkmächtigkeit von Geschlechterkategorien und der Ungleichbehandlung, Benachteiligung und Diskriminierung aufgrund von Geschlecht ebenso wie die Herausforderung, vielfältige Fragen mit guter Forschung zu beantworten und somit wichtige Erkenntnisse für Theorie und Praxis zu gewinnen.
Um vor allem dem Austausch untereinander Raum zu geben führt das gFFZ auch im Wintersemester 2022/23 das im Sommersemester 2022 initiierte digitale Forschungskolloquium „Gender to go“fort. Das Kolloquium versteht sich als Werkstatt und bietet die Möglichkeit, Forschungsprojekte und Vorhaben – auch in ihrer Entstehung – sowie methodische Ansätze vorzustellen und über die Grenzen der eigenen Disziplin und Hochschule mit Kolleg*innen zu diskutieren. Ebenso können auch Konflikte und Herausforderungen bei der Umsetzung von Forschungsprojekten und deren Weiterentwicklung besprochen werden.
Anmeldung
Bitte melden Sie sich verbindlich zu den jeweiligen Terminen bis spätestens drei Tage vor der jeweiligen Veranstaltung an. Die Zugangsdaten für den virtuellen Konferenzraum schicken wir den angemeldeten Personen kurz vor der Veranstaltung zu.
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Die Veranstaltung findet von 16:00 bis 18:00 Uhr via Zoom an folgenden Terminen statt.
Catinca Roth (Frankfurt University of Applied Sciences)
Kurzbeschreibung:
Das Promotionsvorhaben "Role Models in Different Business Contexts" setzt sich im Rahmen einer kumulativen Dissertation mit der Bedeutung von Rollenvorbildern in unterschiedlichen Kontexten einer Führungskarriere auseinander. Untersucht werden in einzelnen Projekten die Auswahlkriterien, der Nutzen sowie die Verfügbarkeit und die Sichtbarkeit von Rollenvorbildern von Studierenden, Führungskräften in der zweiten Führungsebene und Gründer*innen stellvertretend für unterschiedliche Stadien von Führungskarrieren. Vor dem Hintergrund des Mangels an weiblichen Führungskräften stehen dabei geschlechterspezifische Unterschiede im Fokus der Analyse. Die Forschung erfolgt quantitativ und qualitativ anhand empirischen Materials z.B. in Form von vertonten Präsentationen, Befragungen und Interviews. Das Promotionsvorhaben soll zum einen das Verständnis von Rollenvorbildern als Förderinstrument für Führungskarrieren verbessern und einen Beitrag zur Verkleinerung des Gender Leadership Gaps leisten.
Kurzvita:
Catinca Roth promoviert kooperativ an der University of Applied Sciences und der TU Bergakademie Freiberg. Seit 2021 ist sie als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Mixed Leadership der Frankfurt University of Applied Sciences tätig.
Termin:
02.11.2022 von 16:00 bis 18:00 Uhr
Dr. Anna Voigt (Universität Potsdam, gFFZ)
Kurzbeschreibung:
Das Forschungsvorhaben (geplanter Antrag beim HMWK – Frauen- und Geschlechterforschung) betrachtet mit Hilfe von ethnographischen Beobachtungen Geschlechterkonstruktionen, mit einem Fokus auf die Konstruktion von Männlichkeit durch Lehrende technischer Fächer an hessischen Hochschulen für Angewandte Wissenschaften. Es ist geleitet von der Perspektive auf Praktiken des Alltags in der Lehre, die Kategorien sozialer Ungleichheit herstellen. Beantwortet werden soll die Frage, welche Vorstellungen von Geschlecht aktuell in technischen Fächern zu beobachten sind und ob oder wie die Lehrenden selbst ihr Fachgebiet vergeschlechtlichen und welche Brüche und Widersprüche in ihrem Lehralltag zu beobachten sind. Es ist anzunehmen, dass sie durch alltägliche Äußerungen und Handlungen unbeabsichtigter Weise Lern/Lehrräume auch vergeschlechtlichen.
In Lehrveranstaltungen zu beobachten sind folgenreiche Alltagspraxen, doch diese werden im Sprechen über diese Praxen häufig gar nicht sichtbar. Aus unserer Erfahrung mit Lehrenden in Workshops (BMBF Projekt: genderfoli) ist festzustellen, dass beim Sprechen über konkrete Praktiken in einer Befragung der Lehrenden, wie wir sie in den durchgeführten Workshops immer wieder für einen Austausch initiiert haben, nur Teilaspekte benannt werden. Daher wählt das Projekt einen ethnographischen Zugang, um auch unbewusste Handlungsweisen Erkenntnis gewinnend beobachten und analysieren zu können.
Kurzvita:
Dr. Anna Voigt vertritt zurzeit die Leitung der Funktionsstelle Geschlechtersoziologie an der Universität Potsdam. Sie ist promovierte Geschlechterforscherin mit inhaltlichem Fokus auf Formen von Männlichkeit, Intersektionalität und Feminist STS. Methodisch interessieren sie vor allem praxeologische und Performanztheorien und Auseinandersetzungen zu situierten Wissen. Anna Voigt hat am gFFZ zwei umsetzungsorientierte Forschungsprojekte zu Gender- und Diversitätsaspekten in der Lehre der Ingenieurwissenschaften und Informatik an Hochschulen und Universitäten durchgeführt und konzipiert aktuell einen Antrag am HWMK.
Termin:
05.10.2022 von 16:00 bis 18:00 Uhr
Prof. Dr. Maren Harnack (Frankfurt University of Applied Sciences)
Kurzbeschreibung:
Das geplante Projekt, das in der Förderlinie Frauen- und Geschlechterforschung des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst (HWK) zusammen mit dem Gender- und Frauenforschungszentrum der hessischen Hochschulen (gFFZ) beantragt werden soll, befasst sich mit der Frage, wie Bauten der Nachkriegsmoderne vor dem Hintergrund sich wandelnder Arbeits- und Geschlechterverhältnisse von den Bewohner*innen genutzt werden, welche Bedürfnisse sie hinsichtlich der Lebensbereiche Wohnen, Familie, Arbeit und Freizeit haben und welche Verbesserungs- und Gestaltungsbedarfe sich daraus im Sinne sozial resilienter Strukturen ableiten lassen Beispielhaft soll dabei eine Siedlung der Nachkriegsmoderne in Frankfurt am Main, die Nordweststadt, untersucht werden. Über ein qualitatives Mixed-Methods-Design mit ethnographischem Zuschnitt setzt das Projekt bei den Lebenswelten der Bewohner*innen als Akteur*innen des „Geographie-Machens“ (Werlen 2005) an. Auf diese Weise soll ergründet werden, wie sich die Körper im Raum bewegen, für welche Tätigkeiten (u.a. Arbeit, Freizeit, Care) sie den Wohn- und Lebensraum des Quartiers nutzen, wo sie an die Grenzen der Nutzung bezogen auf ihre Bedarfe und Bedürfnisse stoßen. Besonderes Augenmerk richtet die Studie dabei auf vergeschlechtlichte Praktiken der Nutzung des Wohn- und Lebensraums. Auf diese Weise sollen Erkenntnisse über Geschlechterarrangements in den Siedlungen der Nachkriegsmoderne und deren mögliche Aneignung oder Andersnutzung bezogen auf gegenüber der Ursprungsplanung veränderte Bedarfe und Bedürfnisse gewonnen werden.
Kurzvita:
Maren Harnack (Prof. Dr.-Ing. MSc, Stadtplanerin, Architektin) studierte Architektur, Stadtplanung und Sozialwissenschaften in Stuttgart, Delft und London. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin an der TU Darmstadt und der HafenCity Universität in Hamburg ehe sie 2011 Professorin für Städtebau an der Frankfurt University of Applied Sciences wurde. Im Sommersemester 2020 hatte sie eine Gastprofessur an der TU Wien inne. Seit 2008 betreibt sie gemeinsam mit Mario Tvrtkovic das Büro urbanorbit. Sie wirkte an zahlreichen Forschungsprojekten mit und publiziert regelmäßig in verschiedenen Fachmedien. Sie ist Mitinitiatorin der Initiative Zukunft städtische Bühnen Frankfurt, die sich für den Erhalt der Doppelanlage am Willy-Brandt-Platz engagiert.
Termin:
05.10.2022 von 16:00 bis 18:00 Uhr
Prof. Dr. Sabine Flick (University of Applied Sciences Fulda)
Kurzbeschreibung:
Das Projekt widmet sich der Frage nach sexueller Selbstbestimmung und der Ermöglichung dieser durch Andere. Ziel des Projektes ist, die aktuelle Bedarfs- und Angebotslage nach passiver und aktiver sexueller Assistenz und Sexualbegleitung auszuloten und damit verbunden das Selbstverständnis derjenigen zu erfassen, die diese Begleitung anbieten. Leitend für das Projekt ist die Annahme, dass die Soziale Arbeit angesichts eines aktivistischen (Gegen)Diskurses, der zunehmend sexuelle Selbstbestimmung fordert, unter Zugzwang gesetzt wird, sich diesen Forderungen gegenüber zu verhalten. Wenn Soziale Arbeit darum bemüht ist, die Lebensqualität ihrer Adressat*innen zu verbessern, wie ist es dann um die Lebensqualität im Hinblick auf Sexualität bestellt? Sind die Fachkräfte der Sozialen Arbeit mit dem nötigen Wissen ausgestattet und auf welche normativen Vorstellungen von Sexualität rekurrieren Sie dabei? Wie ist es mit den Fachkräften, die aktive und passive Sexualassistenz anbieten? Ziel dieses Projektes ist dabei die Wissensordnungen der Fachkräfte in der Sozialen Arbeit im Hinblick auf Sexualität zu analysieren und auf Grundlage dieser Forschung einen Beitrag zu leisten, den vielfältigen Bedarfen der Adressat*innen langfristig gerecht zu werden. Das Projekt wird seit 9/2021 durch das Gender- und Frauenforschungszentrum der hessischen Hochschulen (gffz) gefördert. Im Forschungskolloqium am 02.11.2022 sollen erste Ideen für einen Antrag beim HMWK (Forschungsschwerpunkt "Frauen- und Geschlechterforschung") skizziert und diskutiert werden.
Kurzvita:
Sabine Flick ist Professorin für Geschlecht und Sexualität an der Hochschule Fulda. Während und nach ihrer Promotion 2012 und Habilitation 2020 an der Goethe-Universität Frankfurt hat sie an verschiedenen Instituten in Deutschland, Israel, Österreich und in den USA gelehrt und geforscht, u.a. an der University of California, Berkeley, der Tel Aviv University und der Universität Graz. Flick leitet das von der DFG geförderte Projekt »Psychotherapeutische Behandlung arbeitsbezogenen Leidens in Deutschland (PsyWork)«, das Projekt „Shaping Sexualities. Zur professionellen Bearbeitung von Sexualität“ (gefördert durch die Koordinationsstelle für Geschlechterstudien und Gleichstellung der Universität Graz) und das Kleinprrojekt „Sexualität und Intimität als Lebensqualität. Zur Professionalisierung der Sexualassistenz [SeXistenz, gefördert durch das gffz]. Sie ist Mitglied des Instituts für Sozialforschung (IfS) in Frankfurt am Main und bei medico international. Am IfS ist sie eine der Sprecher*innen des Arbeitskreises »Gender, Kinship, Sexuality«.
Termin:
07.12.2022 von 16:00 bis 18:00 Uhr
Prof. Dr. Regina Dackweiler (Hochschule Rhein-Main, Wiesbaden)
Kurzbeschreibung:
Der Vortrag gibt Einblicke in das interdisziplinäre BMBF-Praxisforschungsprojekt AusWege, das an sozialen und gesellschaftlichen Problemen der physischen, psychischen und sexuellen Gewalt in Paarbeziehungen ansetzt. Dunkelfeldstudien verdeutlichen, dass hiervon überwiegend Frauen betroffen sind. Im ländlichen Sozialräumen ist das Problem noch tabuisierter und die unzureichenden bzw. schwerer zugänglichen Beratungs- und Interventionseinrichtungen gelangen bislang ebenso kaum in den Fokus der Aufmerksamkeit wie fehlende Präventionsmaßnahmen. AusWege widmet sich mit der Modellregion des Rheingau-Taunus-Kreises nicht nur dem häufig vernachlässigten ländlichen Raum, sondern verfolgt zudem in enger Zusammenarbeit mit vier Praxispartner*innen neue Wege der Primärprävention. Hierbei orientiert sich AusWege an den Vorgaben der „Istanbul Konvention“, die fordert, Maßnahmen zur Mentalitäts- und Verhaltensänderung der Bevölkerung gegenüber Häuslicher Gewalt als Voraussetzung aller weiteren Präventionsstrategien zu fördern. Daher entwickelt und erprobt AusWege Ansätze und Methoden, die „Herz und Verstand“ der Menschen in der Region erreichen und sie motivieren und befähigen sollen, Partnerschaftsgewalt zu erkennen, sich gegen sie auszusprechen und die Opfer - aus der Nachbarschaft, aus dem Freundes- und Kollegenkreis oder aus der Verwandtschaft - nach Kräften zu unterstützen. Konkret wird unter der Schirmherrschaft des Landrats Frank Kilian seit November 2021 bis Sommer 2024 eine mehrteilige Öffentlichkeitskampagne unter dem Slogan „Partnerschaftsgewalt geht alle an!“ durchgeführt. Diese bildet zugleich den Rahmen für die Erprobung von zwei digitalen Serious Games in der Modellregion, die es Jugendlichen und Erwachsenen im Sinne des „Edutainments“ ermöglichen sollen, sich spielerisch und interaktiv mit der gesellschaftlichen Problematik auseinanderzusetzen.
Kurzvita:
Regina-Maria Dackweiler, Dr. phil. habil, Professorin am Fachbereich Sozialwesen der Hochschule RheinMain mit dem Schwerpunkt „gesellschaftliche und politische Bedingungen Sozialer Arbeit“. Schwerpunkte in Forschung und Lehre: Gewalt im Geschlechterverhältnis, wohlfahrtsstaatliche Geschlechterpolitik, Soziale Ungleichheit, (Trans)nationale Frauenbewegungen, Gender in der Sozialen Arbeit.
Termin:
18.01.2023 von 16:00 bis 18:00 Uhr