Das Center for Applied European Studies (CAES) führte am 7. Juni 2017 zum vierten Mal die Reihe Think Europe – Europe thinks durch, diesmal zum philosophisch geführten Vortrag „Warum es zum Glück keine europäischen Werte gibt“ von Prof. Dr. Markus Gabriel der Universität Bonn. Im Anschluss folgte eine Gegenrede von Prof. Dr. Klaus-Jürgen Grün, Professor für Philosophie der Goethe-Universität Frankfurt.
Der Präsident der Frankfurt UAS Prof. Dr. Frank E.P. Dievernich betonte in seinem Grußwort, dass Werte einen Urheber bräuchten; dieser sei früher mehrheitlich der Glaube an Gott gewesen. „Wenn der Transzendenzbezug nicht mehr gegeben sein muss, könnte dieser übergeordnete Rahmen nicht die EU sein?“, hinterfragte Dievernich. Ebenfalls verwies der Präsident auf die Definition von Werten innerhalb der europäischen Verträge und stellte fest, dass diese in der Praxis nicht immer anerkannt werden; so stelle sich die Frage, ob Werte überhaupt von einer Institution festgeschrieben werden können.
Es folgte ein Grußwort des Geschäftsführenden Direktors des CAES Prof. Dr. Dr. Michel Friedman, der die Frage aufwarf, ob „keine europäischen Werte“ eine kausale Richtung zum Glück oder vielmehr zum Unglück weisen. Friedman betonte, dass nur weil Menschen denken es würde diese Werte geben und sie mit einem Wort behaften, diese nicht zwingend existieren. Europäische Werte behaupten Menschenrechte zu sein, so Friedman, doch „wenn wir uns alle darüber einig sind, dass diese universell sind, grenzenlos und grenzenunabhängig, dann stellt sich die Frage, ob europäische Werte, mit der EU Charta dokumentiert, ein Abgrenzungsbegriff ist gegenüber dem Rest der Welt und aus welcher Motivation findet das statt?"
Der Hauptredner des Abends Prof. Dr. Markus Gabriel vertrat die Meinung, dass Werte universell seien und somit nicht nach Ländern oder Kontinenten segmentiert werden können. „Es gibt universale Werte oder es gibt keine und Europa ist die Idee dafür einzutreten“, so Gabriel. Gleich zu Beginn seiner Rede ordnete sich Gabriel als moralischen Realist ein. Dies meint, nach Platon sowie in der Aufklärung nach Kants „Faktum der Vernunft“, dass die Existenz von „moralischen Wahrheiten“ unabhängig von der Festlegung durch einen Akteur sei. In Zusammenhang mit dem Titel seiner Rede definierte Gabriel diese „moralischen Wahrheiten“ als Werte. Als „unbequeme Gegenreaktion“ verwies er auf sogenannte genealogische Argumente insbesondere aus dem 19. Jahrhundert; Ansatz dieser Argumentation sei Werte als nicht existent einzuordnen, da nicht alle schon immer daran geglaubt haben. Als zentrale „Idee der Idee Europa“ bezeichnete Prof. Gabriel die Beschäftigung mit dem Mensch als Mensch und somit als Träger von Würde. Er schloss mit den Worten: „Die erhabene Idee Europas ist die Idee der Menschheit selbst und damit keine Idee Europas.“
Prof. Dr. Klaus-Jürgen Grün, der als Gegenredner antrat, widersprach der Hauptthese, dass es Werte gebe, die man nur noch entdecken müsse und, dass in diesen die Würde des Menschen läge. „Alle unsere Werte sind das Resultat von Interessensvertretung“, so Grün. Somit sei der abstrakte Begriff der Werte lediglich eine Ablenkung von persönlichen Interessen. Beispielhaft zeigte der Gegenredner auf, dass mit der Rede des „man“ ein persönliches Interesse in eine allgemeine Pflicht verwandelt werde. Prof. Grün schloss mit der These: „Werte sind das Resultat eines Kampfes, in dem wir uns Menschen eine Wirklichkeit schaffen, in der wir das Gefühl haben mit der Erwartung einer Erfüllung des Glücks leben zu können.“
Frau Prof. Dr. Susanne Koch moderierte anschließend die Questions & Answers zwischen dem Publikum und den beiden Gastrednern.
Das CAES setzt die Vortragsreihe Think Europe – Europe thinks im Wintersemester 2017/18 fort.
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