Das Center for Applied European Studies (CAES) empfing am 25. Januar 2017 im Rahmen der Veranstaltungsreihe “Think Europe – Europe thinks” Frau Prof. Dr. Ulrike Guérot. Prof. Guérot hielt angelehnt an ihr 2016 veröffentlichtes Buch einen Vortrag zum Thema „Europas Zukunft – Warum Europa eine Republik werden muss!“ mit anschließender Gegenrede von Prof. Dr. Gerd Kehne der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS).
Der Präsident der Frankfurt UAS Prof. Dr. Frank E.P. Dievernich konstatierte in seiner Begrüßung, dass das Konzept Europa in einer Sackgasse stecke und Europa als Staatenunion und Wertegemeinschaft fragil geworden sei. „Es geht doch nach der Wahl Trumps darum die zivilisierten und demokratischen Errungenschaften nun im Westen verteidigen zu müssen“, betonte Prof. Dievernich. Gerade im Zuge der aktuellen Neusortierung der Welt, müsse Europa sich neu positionieren. „In Frankreich, den Niederlanden, aber auch in Deutschland – und ich sage das mit Sorge – wird in diesem Jahr gewählt. Und danach werden wir tatsächlich klarer sehen, wo wir stehen werden“, so Dievernich. Es sei daher wichtig sich heute schon Argumente zurechtzulegen um Europa und die Zivilisation, sowie die Geschichte der Aufklärung, zu verteidigen und weiterzuentwickeln.
Es folgte ein Grußwort des Geschäftsführenden Direktors des CAES Prof. Dr. Dr. Michel Friedman, der hervorhob, dass Träume und Albträume sehr nah beieinander lägen. In das Politische übersetzt meine dies für Europa, dass wir in diesem Jahr – einem Schicksalsjahr – über eine Erfindung sprechen, die sich in Richtung Albtraum entwickeln könnte. „Denn wenn Frankreich Front National wählt. Dann ist der Frexit vor der Tür und im Gegensatz zu Großbritannien bedeutet es das Ende des Euros, wenn ein Haupteigentümer nicht mehr mitmacht“, so Friedman. Vor dem Hintergrund von Radikalisierungstendenzen und einer Sprache der Ausschließlichkeit innerhalb der EU, unterstrich Prof. Friedman: „Dieses Institut steht für die Kooperation zwischen Menschen, Ländern und der Idee, dass Staaten, Nationen und Grenzen eine Erfindung von Menschen sind, und wenn das eine Erfindung ist, dann spricht doch nichts dagegen, dass man weiter erfindet, weiter und die Zukunft.“
Die Hauptrednerin des Abends Prof. Dr. Ulrike Guérot eröffnete Ihre Rede mit der Frage, ob ihre Idee einer europäischen Republik eine Utopie bleiben müsse. Guérot erläuterte, am Beispiel Jacques Delors und der Errichtung der europäischen Währungsunion, dass sobald sich ein System verpflichte, eine Utopie umgesetzt werden könne. Die gegenwärtig empfundene „politische Malaise“ innerhalb der EU fuße, so Prof. Guérot, auf einer entscheidenden Dysfunktionalität des europäischen Systems. Diese bestehe darin, dass die EU lediglich eine Staaten- und keine Bürgerunion sei. In ihrer politischen Utopie schlägt Prof. Guérot eine europäische Republik der Regionen vor, regiert durch ein Zweikammersystem, das dem Grundsatz der Gewaltenteilung und der Souveränität und Gleichheit aller Bürger/-innen genüge. Auch bot Prof. Guérot bereits einen Einblick in die These ihres nächsten Buches, die darstellt, dass gegenwärtig keine Renationalisierungsdebatte vorherrsche. „Die These ist, der Populismus spaltet die Nationen, die er zu einen vorgibt – und das ist gut so. Denn wenn Europa die Überwindung der Nationalstaaten ist dann muss es ja irgendeine Energie geben, die diese Nationalstaaten aufbricht und Europa daraus entstehen lässt“, so Guérot.
Der Gegenredner Prof. Dr. Gerd Kehne warf die kritische Frage auf, wie groß die Gruppe der Regionen innerhalb des Kammersystems sein solle und spielte somit auf die Festlegung der Größe einzelner Regionen an. Darüber hinaus äußerte Prof. Kehne seine Zweifel an der Bereitschaft der Bürger in einer europäischen Republik „mitzuarbeiten“. Seine Argumentation basierte auf der geringen Wahlbeteiligung der vergangenen Europawahl. „Ich denke wir sollten sofort anfangen. Die ersten Schritte wären die Einführung eines einheitlichen Wahlrechts in Europa und wir sollten anfangen, dass das Europäische Parlament die Regierung aus sich heraus wählt“, so Kehne.
Frau Prof. Dr. Susanne Koch moderierte anschließend die Questions & Answers aus dem Publikum mit der Referentin.
Das CAES wird die Vortragsreihe Think Europe – Europe thinks im Sommersemester 2017 fortsetzen.
Bilder: Annegret Schwaner | Frankfurt UAS
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