Am 19. Dezember 2018 war Nicola Beer MdB, Staatsministerin a.D. und Generalsekretärin der Freien Demokraten, bei der Veranstaltung des Centers for Applied European Studies (CAES) und der Wirtschaftskanzlei FPS „Über den Dächern von Frankfurt“ zu Gast.
Nach der Begrüßung durch Dr. Robin Fritz, Geschäftsführender Partner von FPS, sprach der Geschäftsführende Direktor des CAES Prof. Dr. Dr. Michel Friedman mit Nicola Beer über die Entscheidungsprozesse, Sanktionsverfahren und Struktur der EU sowie über eine europäische Sozialpolitik, den Rechtspopulismus und den Brexit, als auch über Prognosen zur anstehenden Europawahl.
Zu Beginn bat Friedman Beer darum die Entscheidung der EU auf das Defizitverfahren gegen Italien zu verzichten, zu kommentieren. Beer sah die ursprünglich konsequente Einleitung des Verfahrens gegen Italien und das Bestehen von Verhandlungen und einer Gesprächsebene als eine positive Entwicklung. Friedman hingegen beurteilte die Einigung auf den Prozentsatz des Defizits kritisch und warf die Frage auf, ob die Vertragsverletzungen durch Mitgliedsstaaten nicht zu einem Verlust der Autorität der EU führen. Beer wies dagegen auf die negativen finanziellen Konsequenzen für die Eurostaaten hin, falls das Defizitverfahren tatsächlich durchgeführt worden wäre und betonte, dass auch Arbeitsplätze und die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit wichtig seien.
Anschließend erläuterte Beer am Beispiel Frankreichs und dem potentiellen französischen Haushaltsdefizit, dass die EU Automatismen brauche, die im Falle von Vertragsverletzungen greifen. Friedman warf daraufhin ein, dass für derartige Reformen die Einstimmigkeit der Mitgliedsstaaten benötigt werde, und dass es auch bei der Reformierung hin zum Mehrheitsprinzip der Einstimmigkeit der Mitgliedsländer bedarf. Während Beer sich ebenfalls klar für das Mehrheitsprinzip aussprach, sah sie die Umsetzung dieser strukturellen Veränderung weniger problematisch und warb dafür Mitgliedsstaaten und Menschen in Europa vom Mehrheitsprinzip zu überzeugen. Bezüglich der Frage nach Sanktionsmechanismen betonte Beer, dass Verfahren und Sanktionen wichtig seien, aber dass es auch einen zweiten nicht-öffentlichen Gesprächskanal geben müsse.
Darüber hinaus wurden die Themen Rechtspopulismus und Sozialpolitik in der EU thematisiert. Beer hob hervor, dass der Rechtspopulismus, sowie autoritäre und euroskeptische Bewegungen aufgrund fehlender Reformen in der EU gewachsen seien. Man müsse mit Blick auf die Europawahl deutlich machen, dass Reformen nun angegangen werden und wie sich diese auf den Alltag auswirken, so Beer. Bezüglich der Frage nach der Sozialpolitik in der EU äußerte sich Beer, dass Sozialpolitik Aufgabe der Mitgliedsstaaten sei, jedoch könne die EU anhand einer verbesserten Wettbewerbspolitik auch soziale Probleme positiv beeinflussen.
Auf Friedmans Frage nach dem Fehler der EU bezüglich des Brexits, entgegnete Beer wiederum, dass Strukturveränderungen und Reformen in der EU nicht angegangen worden seien. Beer sprach sich daraufhin für ein föderativ dezentrales Europa aus. Die EU müsse einerseits Probleme lösen und um dies zu erreichen, sollten Mitgliedsstaaten gezielt in verschiedenen Projekten die Kooperation und Integration vertiefen ohne gleichzeitig zu große Spaltungen zwischen den Mitgliedsstaaten entstehen zu lassen. Andererseits beinhalte der dezentrale Aspekt, dass kleinere Aufgaben Regionen überlassen bleiben, um die Diversität in der EU zu wahren, so Beer.
Im Hinblick auf die Europawahl zeigte Beer sich zuversichtlich für ihre Partei und erklärte, dass die FDP trotz nationaler Wahllisten eine europaweite Wahlkampfkampagne führe.
Die Gäste vertieften in der anschließenden Diskussion unter anderem die Klimapolitik insbesondere Fragen der Atompolitik und Vorgaben für die Automobilindustrie, die EU Außengrenzen, die Wahlbeteiligung bei der Europawahl, die Arbeitslosigkeit und die Ansichten der FDP zum Wirtschaftsstandort Deutschland.
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