Prof. Dr. Meron Mendel berichtet über seine Erfahrungen der letzten zweieinhalb Jahre, die Entwicklung seiner Professur und seine Pläne für die kommenden Jahre.
Seit August 2022 besetzt Prof. Dr. Meron Mendel die erste kooperative Professur an der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS). In dieser Doppelrolle verbindet der Pädagoge und Historiker seine Tätigkeit als Professor für transnationale Soziale Arbeit mit seiner Arbeit als Direktor der Bildungsstätte Anne Frank. Seine Forschungsschwerpunkte – politische Bildung, Antisemitismus- und Rassismuskritik sowie Migration – spiegeln sich nicht nur in seinen wissenschaftlichen Projekten, sondern auch in seiner praxisnahen Lehre wider.
Ursprünglich auf drei Jahre befristet, wurde seine Professur nun entfristet – eine Entscheidung, die seine Forschung und Lehre für die Hochschule langfristig sichert. Im Interview berichtet Prof. Dr. Meron Mendel über seine Erfahrungen der letzten zweieinhalb Jahre, die Entwicklung seiner Professur und seine Pläne für die kommenden Jahre.
Sehr geehrter Herr Mendel, Ihre kooperative Professur wurde nun entfristet. Was bedeutet das für Ihre weitere Arbeit an der Hochschule und Ihre Rolle in der Bildungsstätte Anne Frank?
Seit der Einrichtung der kooperativen Professur haben wir schon mehrere Projekte zum Wissenschaft-Praxis-Austausch auf den Weg gebracht. Die Entfristung zeigt, dass alle Beteiligten die Zusammenarbeit fortsetzen und verstetigen wollen. Mit dieser Planungssicherheit können wir die Kooperation ausbauen. Gerade in meinem Forschungsbereich – Stärkung der Demokratie – ist der Bedarf aktuell besonders groß.
Welche besonderen Chancen, aber auch Herausforderungen haben sich für Sie in der Kombination aus Lehre, Forschung und Praxis ergeben?
Das Selbstverständnis, dass Wissenschaft eng mit der Gesellschaft verflochten sein sollte, wird für viele Hochschulen immer wichtiger. Diese „Third Mission“ bedeutet, dass wir uns als Hochschule mehr in gesellschaftliche Debatten einmischen sollten und zugleich Impulse aus der Gesellschaft stärker für unsere Forschung und Lehre nutzen können. Ich erkenne an der Frankfurt UAS eine große Offenheit für diesen Austausch. Es ist aber kein einfacher Prozess, gerade in Zeiten, in denen die Gesellschaft zu vielen Themen polarisiert ist.
Sie haben in einem früheren Interview betont, dass Lehrende nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch als Vorbilder für Studierende fungieren. Wie versuchen Sie, diese Rolle in Ihrer Lehre aktiv auszufüllen?
Diese Frage sollte man am besten meinen Studierenden stellen. Ich versuche meine Lehrveranstaltungen interaktiv und dialogisch zu gestalten. Es geht nicht nur darum, neue Fakten oder Informationen zu vermitteln, sondern zu zeigen, wie man Wissen einordnet, analysiert und bewertet. Das kann nur in einer offenen und guten Lernatmosphäre gelingen, in der Studierende Wertschätzung erleben.
Wie erleben die Studierenden Ihre praxisnahe Lehre?
Ein gutes Beispiel sind die mehr als dreißig Mikroprojekte, die meine Studierenden unter meiner Betreuung umgesetzt haben. Wir haben im Seminar analysiert, wo die aktuellen gesellschaftlichen Bedarfe besonders ausgeprägt sind und Lösungsansätze entwickelt. So entstanden mehrere Projekte in Flüchtlingsunterkünften, mit Drogensüchtigen oder in Altenheimen. Dabei kooperieren wir mit sozialen Einrichtungen und Vereinen in der Stadt. Von der Kooperation haben alle profitiert: die Einrichtungen freuten sich über die motivierten Helfer*innen und die Studierenden haben Praxiserfahrung gesammelt.
Wie gehen Sie damit um, wenn Studierende aktuelle gesellschaftliche Debatten (nicht nur zum Thema Antisemitismus) mitnehmen in Ihre Lehrveranstaltungen?
Hochschulen waren immer Orte der politischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzung. Die Protestbewegung der 1968er ist nur ein Beispiel dafür. Es gehört zur Aufgabe der Lehrenden und der Hochschule diese Themen aufzugreifen und darüber mit den Studierenden ins Gespräch zu kommen.
Sie haben neben der Lehre mehrere Forschungsprojekte zu Antisemitismus und politischer Bildung geleitet. Welche Erkenntnisse aus diesen Projekten sind für die Praxis der Sozialen Arbeit besonders relevant?
Ein aktuelles Projekt beschäftigt sich mit den sozialen Medien und Desinformationskampagnen. Wir haben festgestellt, dass in Krisenzeiten (wie während der COVID-19-Pandemie) vulnerable Gruppen besonders anfällig für Verschwörungsgedanken und Desinformation sind. Sozialarbeiter*innen sollten dementsprechend geschult werden, wie sie dagegen argumentieren können. Wir probieren aktuell Methoden und Argumentationstrainings für Sozialarbeiter*innen aus.
Vielen Dank für das Interview.