Interdisziplinäres Lehrmodul führt Studierende des Masters „Zukunftssicher Bauen“ erneut nach Spiekeroog.
Wer auf Spiekeroog ein Bauprojekt plant und durchführt, findet nicht nur witterungsbedingt besondere Bedingungen vor. „Die Insel hat keine Zulieferung außer der Fähre und ist autofrei. Das heißt, jede Materialanlieferung ist extrem teuer“, erklärt Professorin Anja Willmann vom Fb 1. Dazu kämen Naturschutzauflagen. Für jede Neubaumaßnahme muss ein Flächenausgleich geschaffen werden. Und das sei kaum noch möglich, da ein Großteil der Insel bereits als Naturschutzgebiet zum Nationalpark Wattenmeer gehört. Im Rahmen eines Lehrprojekts werden sich in diesem Sommersemester zum zweiten Mal Studierende der Frankfurt UAS diesen Herausforderungen stellen.
Gemeinsam mit Bachelor-Studierenden des Bauingenieurwesens und der Geoinformatik der Jade Hochschule Wilhelmshaven/ Oldenburg/ Elsfleth arbeiten Studierende des Masters „Zukunftssicher Bauen“ darin hochschulübergreifend und interdisziplinär an wechselnden Bau- und Sanierungsprojekten für die ostfriesische Insel. Auch vor Ort. Jeweils zu Semesterbeginn findet ein mehrtägiger Workshop auf Spiekeroog statt, bei dem sich die Studierenden sich und die besonderen Gegebenheiten vor Ort kennenlernen, bevor die Projektarbeit beginnt.
Das Lehrprojekt findet seit insgesamt vier Jahren statt, zunächst ausschließlich mit Studierenden der Jade Hochschule. Nach ihrem Wechsel aus Niedersachsen etablierte Professorin Willmann vor zwei Jahren die Kooperation mit der Frankfurt UAS. Sie hebt besonders den Austausch zwischen den Disziplinen im Lehrprojekt hervor: „Es ist zunächst ein Kennenlernen und Aushandeln der Arbeitskulturen. Aber man bekommt durch die verschiedenen Fachdisziplinen so viele Perspektiven auf das Projekt, dass sich neue Herangehensweisen eröffnen.“
Fokus 2025: Baudenkmäler
Im Sommersemester 2025 werden die Lehrenden und Studierenden dabei eng mit der Inselverwaltung zusammenarbeiten. Im Fokus des aktuellen Projekts stehen Baudenkmäler auf der Insel, und die Frage, wie man sie energetisch nachrüstet. „Baudenkmäler wie etwa das historische alte Inselhausentsprechen beim thermischen Komfort nicht dem aktuellen Standard, haben einen hohen Energiebedarf und werden mit fossiler Energie versorgt“, erläutert Willmann. Ziel des Projekts ist es, die Behaglichkeit zu erhöhen und den Energiebedarf zu senken und gleichzeitig dem Denkmalschutz zu entsprechen. Hilfe werden die teilnehmenden Studierenden vom Denkmalschutzamt Niedersachsen und dem spezialisierten Architekten Kai Nilson erhalten.
Neue Ideen für ein Bootshaus im Sommersemester 2024
Wie die jeweiligen Disziplinen mit ihrem jeweiligen Fachwissen wie Zahnräder im Lehrprojekt ineinandergreifen, zeigt der Blick auf das letzte Sommersemester. Damals erarbeiteten die Teilnehmenden gemeinsam ein Konzept für ein nachhaltiges Bootshaus für die Hermann-Lietz-Schule, das mit Werkstätten, Wohnraum und Räumen für die Bootsgilde als Neubau ein Haus des Handwerks werden soll. Basierend auf GIS-Daten wie etwa Bodenqualitäten und Baumkataster, die die Studierenden der Jade Hochschule teils selbst erhoben, erarbeiteten die Studierenden unserer Hochschule Entwürfe, die dann um Baukonstruktionen ergänzt wurden, die dem besonderen Klima auf der Insel angepasst. Anschließend überprüften und optimierten die Studierenden der Frankfurt UAS die Energieeffizienz mittels thermisch-dynamischer Simulation und entwickelten erneuerbare Energieversorgungskonzepte für das Schulareal der Hermann-Lietz-Schule.
So entstand eine Bandbreite an alternativen Ideen: von einer Mischung aus Massiv- und Holzbau über die Integration einer Sternwarte bis zur Umverteilung des Flächenbedarfs in die Bestandsbauten, um möglichst wenig Fläche zu versiegeln und den Baumbestand zu erhalten. Im erarbeiteten Geoinformationssystem können zudem Geodaten zur Bebauung und zum Schulgelände des Nordseeinternats eingesehen werden.
Der neue Jahrgang im Lehrprojekt reist nun im Mai auf die Insel. Bis Ende Februar haben Studierende des Masters „Zukunftssicher Bauen“ noch die Möglichkeit, sich dafür anzumelden. Derzeit gibt es noch wenige freie Plätze.
Zu den Ergebnissen aus dem letzten Jahr: www.issuu.com/willmann_energydesign/docs/bootshaus-spiekeroog2024