Tagungsauftakt des Fokustags Hochschule: Raum für Diskussionen, kein Platz für Hetze
Es war ein starkes Zeichen für den offenen Dialog: Kurz vor dem ersten Jahrestag des Terrorangriffs der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 war die Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) Gastgeberin einer Tagung, zu der die Bildungsstätte Anne Frank eingeladen hatte.
Unter dem Titel „Let’s talk! – Der 7. Oktober, der Krieg in Gaza und die Folgen in Deutschland“ veranstaltete die Bildungsstätte drei Fokustage, die zur Auseinandersetzung mit den Folgen des Terrors und des Gaza-Kriegs auf die Gesellschaft in Deutschland einladen. „Der Talk, also das Sprechen und das Diskutieren stehen im Vordergrund. Wir freuen uns, den Auftakt der Fokustage bei uns auf dem Campus zu haben“, sagte der Präsident der Frankfurt UAS, Prof. Dr. Kai-Oliver Schocke, zur Begrüßung. „Unser Dank geht an Meron Mendel für die Initiative.“ Prof. Dr. Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, hat eine Kooperative Professur für transnationale Soziale Arbeit an der Frankfurt UAS.
Fokustag: Politischer Raum Campus
Der Fokustag Hochschule bot Hochschullehrenden, Mitarbeitenden und Studierenden Gelegenheit, um sich konstruktiv bei Vorträgen, in Workshops und einer Podiumsdiskussion zum Themenkomplex „Politischer Raum Campus – Hochschulen nach dem 7. Oktober“ auszutauschen und zu diskutieren. Bildungseinrichtungen sind besonders von der aktuellen Situation betroffen. Wie können sie Orte des kontroversen Austauschs bleiben (oder werden) – und gleichzeitig Menschen vor Diskriminierung schützen? Wie können sie mit Protesten umgehen? Wie auf Hass und Polarisierung im Netz reagieren?
Kein Platz für Diskriminierung jeglicher Art
Dazu hat die Frankfurt UAS eine klare Position, betonte Präsident Schocke in seiner Begrüßungsansprache. „Wir haben eine Haltung definiert und setzen diese konsequent um. Wir lehnen unmissverständlich jede Form von Diskriminierung ab. Somit akzeptieren wir weder antisemitisches noch rassistisches Gedankengut in jedweder Ausprägung“, so Schocke. „Die Frankfurt UAS steht für Diversität und Vielfalt. Das bedeutet, Diskriminierung jeglicher Art hat auf unserem Campus keinen Platz. Dies gilt natürlich insbesondere für antisemitische Äußerungen und Anfeindungen. Es wäre vermessen zu behaupten, es gebe keine Diskriminierungen. Doch wir nehmen sie wahr und gehen mit den entsprechenden Gruppen ins Gespräch.“
Die Frankfurt UAS ist – wie jede Hochschule es sein sollte – ein Ort des freien Diskurses. „Wir akzeptieren keine Anfeindungen, egal welcher Art, respektieren aber auch gegensätzliche Meinungen. Unser Campus ist ein Ort der Demokratie, wo auch andere Meinungen respektvoll geäußert, angstfrei und offen diskutiert werden können“, betonte Schocke. Die Grenze der Meinungsfreiheit verlaufe aber dort, wo geltendes Recht verletzt werde, bei verfassungsfeindlichen oder strafbaren Äußerungen und Taten.
Angriffe gegen jüdische Hochschullehrende
Schocke nahm damit auch ausdrücklich Bezug auf Angriffe, mit denen jüdische Hochschullehrende nicht erst seit einem Jahr konfrontiert sind und die auch gegenüber der Wissenschaftlerin Prof. Dr. Julia Bernstein, Gründungsmitglied des Netzwerks Jüdischer Hochschullehrender (NJH), erhoben wurden. Die renommierte Antisemitismusforscherin, die eine Professur für Diskriminierung und Inklusion in der Einwanderungsgesellschaft an der Frankfurt UAS hat, hielt im Rahmen der Tagung den Vortrag „Jüdische Perspektiven auf Antisemitismus an deutschen Universitäten“ und sah sich im Vorfeld der Tagung mit haltlosen Diffamierungen in einer privaten studentischen Chatgruppe konfrontiert. Eine Prüfung auf Verstöße gegen Rechtsnormen wird von der Hochschule vorgenommen.
„Die hochangesehene Kollegin Bernstein ist Teil unserer Hochschulgemeinde, die unsere Werte vertritt, und wir erklären uns mit ihr solidarisch“, betonte Schocke. „Für die Hochschule gelten die klaren Regelungen der Antidiskriminierungsrichtlinie.“ Dies hat die Hochschule auch schriftlich gegenüber dem Netzwerk Jüdischer Hochschullehrender in einem Brief deutlich gemacht.
Wie aktuell das Thema der Podiumsdiskussion „Proteste an den Unis – Zwischen Bagatellisierungen und Kriminalisierung“ war, zeigte sich am Veranstaltungstag selbst: Eine studentische Gruppe hatte für den Tagungstag eine Demonstration angemeldet. Auf die kleine Gruppe wurde vor Ort angemessen reagiert. „Unsere Strategie ist es, im Diskurs und im Gespräch zu sein und es auch zu bleiben“, so der Präsident. Die demonstrierenden Studierenden wurden eingeladen, sich aktiv an den Veranstaltungen zu beteiligen – und die Veranstaltung wurde im Dialog beendet.