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Neue Software schützt Medizin vor Transportschäden

Pharmaprodukte wie beispielsweise ein Impfstoff gegen Covid-19 sind sensible Fracht und stellen besondere Anforderungen an die Lieferkette. Um diesen gerecht zu werden, digitalisierte die Luftfahrtexpertin Prof. Dr. Yvonne Ziegler von der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) in den vergangenen zwei Jahren mit ihrem Team aus Wissenschaft und führenden Pharma- und Logistikkonzernen die Pharma Supply Chain. Gemeinsam entwickelten sie im Rahmen des Forschungsprojekts „Pharma Supply Chain Risk Management“ eine webbasierte Software namens Mytigate, die Pharmaherstellern hilft, die komplette Lieferkette risikobasiert für alle drei Transportmodi Straßen-, See- und Lufttransport zu managen und so mit den aktuellen digitalen Möglichkeiten den Transport von Medizinprodukten für Versender und Endkunden transparenter und sicherer zu machen.

Die Qualitätssicherung in der Logistik von Pharmaprodukten ist lebenswichtig. Die zunehmende Globalisierung von Produktion und Vertrieb und die variablen Rahmenbedingungen stellen alle Beteiligten der bislang überwiegend analogen Pharma Supply Chain – der Lieferkette von der Produktion bis zum Endkunden – vor große Herausforderungen. „Die einzige Chance, diesen wachsenden Herausforderungen an eine zukünftig sichere, vorausschauend risikobasiert planbare und nachverfolgbare Pharma Supply Chain erfolgreich zu begegnen, war die branchen- und wettbewerbsübergreifende Zusammenarbeit zur Digitalisierung der Lieferkette“, erklärt Ziegler. „Diese haben wir auf den Weg gebracht und bringen mit der marktreifen Entwicklung der IT-Plattform Mytigate die Digitalisierung der Pharma Supply Chain entscheidend voran“.

Ziegler ist es gelungen, dass die großen international agierenden Pharmahersteller der DACH-Region (Deutschland, Österreich und Schweiz) und führende europäische Logistikkonzerne gemeinsam an einer Lösung arbeiteten. Das jetzt vorgestellte Ergebnis dieser Zusammenarbeit ist das Start-Up Mytigate, dessen gleichnamige Software nach CFR21 Part 11 validiert entwickelt wurde. Erster Kunde ist das Transport- und Logistik-Unternehmen GEFCO Forwarding Germany GmbH.

Die deutsche Pharmaindustrie ist einer der bedeutendsten Wirtschaftszweige in Deutschland. „Die Pharma Supply Chain ist aktuell für viele Unternehmen noch eine Black Box, und die Fähigkeiten, Infrastruktur und Zertifikate möglicher Supply-Chain-Partner sind oft nicht bekannt“, sagt Yvonne Ziegler. „Der Transport der oft hochsensiblen Produkte birgt viele Risiken, u.a. Temperaturabweichungen, Diebstahl und Fälschungen, Beschädigung durch falsches Handling sowie Gefährdung von Personen und Umwelt.“ Der Druck auf die Pharmaindustrie und ihre Partner ist somit hoch. In den vergangenen Jahren hat sich die Rechtslage verschärft, was die Pharmaunternehmen zu einem entsprechenden Risikomanagement verpflichtete. Produzenten, Großhändler und Logistikdienstleister wünschten sich ein webbasiertes IT-Tool, das unter den Aspekten erhöhter Sicherheit, Wachstum und Umsatzsteigerung die Transportkette abbildet und vorausschauend planbar macht. Hier setzte das praxisbezogene Forschungsprojekt an.

Das nun entwickelte IT-Tool Mytigate ist als SaaS-Dienstleistung (Software as a Service, d.h. von einem Internet-Provider bereitgestellte Software) konzipiert und ermöglicht einen Einblick in die Qualifikationen und Kompetenzen der Transportdienstleister entlang der Pharma Supply Chain. Die Software hilft somit der Pharmaindustrie, den sichersten Dienstleister und die optimale Transportstrecke unter Berücksichtigung einer digitalen Selbstauskunft der Lieferanten zu ermitteln. Diese Selbstauskunft ist mit einem Risikomodell verknüpft, das den Versendern die Schwachpunkte entlang der Lieferkette in Bezug auf ihre eigenen Produktbedürfnisse und Firmenstandards aufzeigt. „Mytigate unterstützt Pharmaunternehmen somit dabei, regulatorische Anforderungen auf globaler Ebene zu erfüllen. Laut der European Good Distribution Practice (EU GDP) von 2013 soll die Auswahl der Transportdienstleister risikobasiert erfolgen“, erläutert Ziegler, die am Fachbereich Wirtschaft und Recht Expertin für Internationales Luftverkehrsmanagement ist.

Auch aus wissenschaftlicher Sicht wertet die Professorin das Projekt „wegen der Vertiefung des Detailwissens in der Pharmalogistik und im Pharmarisikomanagement und nicht zuletzt wegen der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und den Branchenwettbewerbern aus der Praxis“ als großen Erfolg. „Wir haben alle Ziele erreicht. Die Frankfurt UAS konnte sich mit dem Forschungsprojekt ein in der Branche hoch geschätztes Detailwissen insbesondere auch zum Einsatz neuer Technologien in der Supply Chain aneignen und unter Beweis stellen.“

Die Frankfurt UAS arbeitete in der Entwicklung von Mytigate federführend mit den Hochschulen RheinMain und Fulda sowie den Unternehmen Bayer AG, Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG, der GEFCO Forwarding Germany GmbH und Cyntegrity Germany GmbH zusammen. Die Gesamtausgaben für das Projekt betrugen rund eine Million Euro, die zur Hälfte von den Projektpartnern und zur Hälfte vom Land Hessen aus Mitteln der LOEWE – Landes-Offensive zur Entwicklung wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz (Projekt-Nr.: 555/17-37) – getragen wurden. Beraten wurde das Team vom exzellent besetzten Beirat, dem Vertreter/-innen u.a. der International Air Transport Association (IATA), des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI), des Regierungspräsidiums Darmstadt als Regulierungsbehörde, der AirCargo Community Frankfurt e.V. und weiterer Unternehmen aus der Pharmaindustrie (Roche Diagnostics GmbH, Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Merck, r-biopharm AG) sowie der Logistikdienstleistung (DB Schenker Deutschland AG) und der Luftfracht (AirBridgeCargo Airlines, Flughafen Düsseldorf Cargo GmbH, Lufthansa Cargo AG) angehörten.

Das Start-Up Mytigate betreibt ab sofort als eigenständiges Unternehmen die Weiterentwicklung und den Vertrieb der Software Mytigate. Sein Standort ist ab Januar 2021 das House of Logistics and Mobility (HoLM) am Frankfurter Flughafen, wo dem jungen Unternehmen nach erfolgreicher Bewerbung um das Start-Up-Förderprogramm des HoLM in den kommenden zwei Jahren die kostenfreie Raumnutzung zum Arbeiten und Networken geboten wird.

Kontakt

Frankfurt University of Applied Sciences
Fachbereich 3: Wirtschaft und Recht
Prof. Dr. Yvonne Ziegler
Tel.: +49 69 1533-2922
yziegler(at)fb3.fra-uas.remove-this.de

Mytigate GmbH
John Eskaros
John.Eskaros(at)mytigate.remove-this.com

Informationen zu den Forschungsprojekten am Fachbereich Wirtschaft und Recht unter www.frankfurt-university.de/fb3; weitere Informationen zum Projektpartner Cyntegrity Germany GmbH unter: https://cyntegrity.com/

Zentrale WebredaktionID: 3724
letzte Änderung: 13.09.2022