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Statement: E-Zigaretten als Mittel zur Tabakentwöhnung anerkennen

Dass Rauchen schlecht für die Gesundheit ist, ist bekannt. Doch auch E-Zigaretten haben ein schlechtes Image und gelten als Einstieg in den Tabakkonsum – zu Unrecht, wie ein internationales Team aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Ärztinnen und Ärzten um Prof. Dr. Heino Stöver von der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) in einem Positionspapier darlegt. Unzureichende Informationen und Wissenslücken in der Bevölkerung seien der Grund für diese Annahmen. Dabei könnten E-Zigaretten eine wichtige Rolle bei der Tabakentwöhnung einnehmen, wenn Raucher/-innen mit dem Tabakkonsum aufhören möchten. Stöver, geschäftsführender Direktor des Instituts für Suchtforschung (ISFF) an der Frankfurt UAS und die Unterzeichnenden des Positionspapiers fordern daher ein Umdenken bei E-Zigaretten. „Es ist ganz klar zu formulieren, dass die E-Zigarette und Tabakerhitzer nicht harmlos sind, aber eine weniger schädliche Alternative zum Weiterrauchen darstellen, wenn anders der Verzicht auf die weit gefährlichere Tabakzigarette nicht gelingt“, sagt Stöver. Dennoch werde im Zuge der Tabakentwöhnung und Schadensminimierung (Tobacco Harm Reduction) durch Ärztinnen und Ärzte sowie Krankenkassen zu selten auf diese Option hingewiesen.

Das Team fordert daher, alternative Produkte wie Tabakerhitzer, E-Zigaretten und tabakfreie Nikotinprodukte als Hilfsmittel zur Senkung der Raucher/-innenzahlen anzuerkennen. „Es ist dringend geboten, den bestehenden Präventions- und Regulierungsbemühungen das Instrumentarium der Tobacco Harm Reduction an die Seite zu stellen“, fordert Stöver. Die Information der Bevölkerung bezüglich dieser erheblichen Risikoreduktion sei allerdings mangelhaft, insbesondere unter Raucherinnen und Rauchern. „Eine Befragung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) aus dem Jahr 2019 offenbarte alarmierende Wissenslücken: 61 Prozent der Befragten schätzen das gesundheitliche Risiko der E-Zigarette genauso, höher oder sogar viel höher im Vergleich zur Tabakzigarette ein“, so Stöver. Nach aktueller Risikoeinschätzung, unter anderem durch das BfR sowie Public Health England, sind E-Zigaretten und Tabakerhitzer allerdings erheblich weniger schädlich als fortgesetztes Rauchen und daher zur Risikoreduktion geeignet.

Die Sorge, E-Zigaretten fungierten jungen Menschen und Nichtraucherinnen und Nichtrauchern als Einstieg in eine „Raucherkarriere“, kann Stöver nachvollziehen. „Aktuelle Zahlen aus Deutschland zeigen erfreulicherweise allerdings keine Hinweise auf einen solchen Effekt: Der Anteil von jugendlichen Nutzerinnen und Nutzern von E-Zigaretten und Tabakerhitzern ist sehr gering“, bemerkt Stöver. Eine Deutsche Befragung zum Rauchverhalten (DEBRA-Studie) von 2018 hat ergeben, dass E-Zigaretten in Deutschland nur sehr selten von Personen konsumiert werden, die noch nie Tabak geraucht haben. „Unter 12- bis 17-jährigen Jugendlichen stellen Verbrennungsprodukte wie herkömmliche Zigaretten und Shisha das größere Problem dar“, sagt Stöver in Bezug auf eine aktuelle Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Die historisch niedrige Quote an rauchenden Jugendlichen sei wahrscheinlich der beste Hinweis darauf, dass der befürchtete Gateway-Effekt nicht zu beobachten sei, meint Stöver. Weltweit habe der Gebrauch von E-Zigaretten und Tabakerhitzern gar den Rückgang der Anzahl von jugendlichen Raucherinnen und Rauchern beschleunigt. „Es findet also nicht die befürchtete Renormalisierung des Rauchens statt, sondern tatsächlich eine Denormalisierung des Rauchens von Tabakzigaretten“, stellt Stöver fest.

Er empfiehlt auch Betrieben, ihre rauchenden Arbeitnehmer/-innen auf alternative Produkte zu herkömmlichen Zigaretten hinzuweisen. Immerhin betragen die direkten und indirekten Kosten des Rauchens für Unternehmen in Deutschland pro Jahr 56,14 Milliarden Euro. „Das allein sollte Grund genug sein, im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements neben anderen Rauchstoppmethoden auch den Umstieg auf Produkte ohne Tabakverbrennung bekannt zu machen“, sagt Stöver.

Zur Person:
Prof. Dr. Heino Stöver ist Dipl.-Sozialwissenschaftler und Professor für sozialwissenschaftliche Suchtforschung am Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit der Frankfurt UAS. Er leitet seit 20 Jahren das Institut für Suchtforschung Frankfurt am Main (ISFF). Sein Tätigkeitsschwerpunkt ist die sozialwissenschaftliche Suchtforschung. Stövers Forschungsschwerpunkte sind von großer gesellschaftlicher Bedeutung, da die Zielgruppen seiner Forschung gesundheitlich und teils sozial stark belastet sind und oft zu spät behandelt werden; die späte Behandlung verursacht hohe Kosten und kann zum Tod führen. Am Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit der Frankfurt UAS leitet er den Master-Studiengang Suchttherapie und Sozialmanagement in der Suchthilfe.

Zum Institut für Suchtforschung Frankfurt am Main (ISFF):
Das Institut für Suchtforschung an der Frankfurt UAS arbeitet seit 1997 an der Weiterentwicklung zielgruppenspezifischer und lebensweltnaher Prävention, Beratung und Behandlung von Suchterkrankungen. Es erforscht Sucht in ihren verschiedenen Erscheinungsformen sowie die mit Sucht in Zusammenhang stehenden Probleme und Aspekte. Das Institut fördert den Ausbau von interdisziplinären Beziehungen zu Kooperationspartnern auf nationaler und internationaler Ebene. Forschungsprozesse und -resultate finden in Studium und Lehre Berücksichtigung.

Kontakt:

Frankfurt University of Applied Sciences
Fachbereich 4: Soziale Arbeit und Gesundheit
Prof. Dr. Heino Stöver
Tel.: +49 69 1533-2823
hstoever(at)fb4.fra-uas.remove-this.de

Weitere Informationen zum Institut für Suchtforschung Frankfurt am Main (ISFF) sowie das vollständige Positionspapier finden Sie unter: www.frankfurt-university.de/isff
 

Gerne steht Prof. Dr. Stöver für Interviews, Fragen und weitere Statements rund um das Thema zur Verfügung. Bitte wenden Sie sich bei Interesse per E-Mail an pressestelle(at)fra-uas.remove-this.de oder telefonisch an +49 69 1533-3047.

Zentrale WebredaktionID: 3724
letzte Änderung: 13.09.2022